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2. Beseitigungsverfügung

Wallhausen, den 21. September 2022

Grabanlage Reihengrab (Einzelgrab) Ricardo Schott, Friedhof Wallhausen, Grabfeld N, Grab-Nr. 2

Beseitigungsverfügung

Sehr geehrte Frau Schott,                                                                       Sehr geehrter Herr Schott,

nachdem Sie im Rahmen Ihrer Anhörung mit E-Mail vom 31.08.2022 nochmals Stellung genommen haben, ergeht nunmehr folgende Verfügung:

Die Beseitigungsverfügung vom 08.02.2022 wird wie folgt geändert:

1. Der Antrag auf Nachgenehmigung der auf dem Reihengrab (Einzelgrab) Feld N, Grab-Nr.2 errichteten figürlichen Nachbildung des Verstorbenen wird abgelehnt.

2. Gemäß §§ 1,3 und 5 PolG i.V.m. §15 der Friedhofssatzung (Friedhofsordnung und Bestattungsgebührensatzung) der Gemeinde Wallhausen vom 19.05.2010 werden Sie verpflichtet, die auf dem Reihengrab (Einzelgrab) Feld N, Grab-Nr.2 errichtete figürliche Nachbildung des Verstorbenen bis spätestens 4 Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung zu entfernen.

Begründung

I.Sachverhalt

In Ihrem Auftrag hatte die Firma (…………………….) mit Schreiben vom 15.10.2020 einen Antrag auf Genehmigung gemäß § 17 der Friedhofssatzung zur Errichtung eines Grabmals für das Reihengrab (Einzelgrab) Feld N, Grab-Nr.2 gestellt.

Den Antragsunterlagen war eine Schematische Darstellung einer Figur beigefügt, die die Höhe von ca. 70 cm nicht überschreitet. Die Zeichnung war in schwarz/weiß gehalten. Die Ausführung eines gesonderten Sockels für die Figur wurde in der Zeichnung nicht dargestellt.

Die Gemeindeverwaltung hat mit Schreiben vom 21.10.2020 die Genehmigung zur Errichtung des beantragten Grabmals erteilt und ein Nutzungsrecht bis zum 06.02.2054 bewilligt.

Auf dem Grab wurde von Ihnen dann ein Grabmal mit einer figürlichen Darstellung des Verstorbenen errichtet. Die figürliche Darstellung weist eine Höhe von ca. 1,30 cm auf. Hinzu kommt ein Sockel von ca. 25 cm, sodass die Figur  insgesamt 1,55 cm über die Graboberfläche hinausragt. Für die figürliche Darstellung wurde – was den Antragsunterlagen ebenfalls nicht zu entnehmen war – die Farbe signalorange gewählt.

Da trauernde Friedhofsbesucher sich durch die Größe, Farbgebung und Blickrichtung dieser figürlichen Darstellung gestört fühlten und mit der Gemeindeverwaltung Kontakt aufgenommen haben, kam es am 20.01.2022 zu einem gemeinsamen Gespräch im Rathaus Wallhausen. Sie wurden darauf hingewiesen, dass das Grabmal abweichend von dem Genehmigungsantrag und unter Verstoß gegen § 15 der Friedhofssatzung errichtet worden ist.

Mit Schreiben vom 22.01.2022 führten Sie zu dem Vorwurf der Gemeindeverwaltung, die genehmigten Vorlagen zur Grabgestaltung nicht eingehalten zu haben, aus, dass dies zutreffend ist und von Ihnen nicht bestritten wird. Sie hatten bei der Besprechung am 20.01.2022 dargelegt, wie es zu der Veränderung der eingereichten Unterlagen gekommen ist. Der Steinmetz (………………..) hätte Ihnen gesagt, dass die von Ihnen geplante neuere aktuelle Version keiner erneuten Genehmigung bedürfe. Sie machten weiter geltend, dass die aktuelle Grabgestaltung nicht gegen die Friedhofsordnung verstoße und die Grabgestaltung zur Würde des Ortes durch die professionelle künstlerische Grabgestaltung mehr beitragen würde, als manche anderen Gräber, die mit Gestrüpp, überdimensionierten Sträuchern, Vernachlässigung der Grabpflege und grauslichen Darstellungen den Friedhof entwürdigen würden. Die Unüblichkeit der Grabgestaltung begründe keinen Verstoß gegen die Friedhofsordnung.

Die Gemeindeverwaltung erließ daraufhin am 08.02.2022 eine Beseitigungsverfügung, gegen welche Sie mit Schreiben vom 24.02.2022 Widerspruch eingelegt haben. In der Widerspruchs-begründung vom 04.03.2022 führen Sie unter anderem aus, dass das Grab auf einem Grabfeld ohne Gestaltungsvorschriften liege und es in der aktuellen Fassung der Friedhofssatzung der Gemeinde Wallhausen keine Vorschriften zu Größe und Farbgebung des Grabmals gebe, weshalb eine Beseitigungsverfügung wegen Farbgebung und der Größe nicht berechtigt sei.

Sie verweisen auf andere Gräber, die mit einem Kuhkopf, einem Elefanten, einer Marienstatue und dem Porträt des Verstorbenen in Originalgröße gestaltet wurden und führen aus, dass es sich bei der figürlichen Darstellung des Verstorbenen um eine kunstvoll gestaltete Kreation eines Berliner Künstlers handle, die eine würdevolle Bereicherung des Ortes darstelle.

Sie haben dann in der Widerspruchsbegründung außerdem einen Antrag auf Nachgenehmigung der veränderten Ausführung gestellt. Mit Schreiben vom 12.03.2022 haben Sie mitgeteilt, dass Sie den Steinmetzbetrieb beauftragt hätten, für den Nachgenehmigungs-antrag noch maßstäbliche Skizzen von 1:10 einzureichen. Sie führten weiter aus, dass die Grabgestaltung nicht gegen die „Würde des Friedhofs“ verstoße. Sie legten dar, dass die Farbgebung für Ihre Trauerbewältigung von entscheidender Bedeutung sei. Die Farben Weiß, Gelb, Orange und Rot symbolisieren die vier Phasen des Lebens, wie auf dem Schild auf dem Grab beschrieben. An der farblichen Gestaltung könnten Sie nichts ändern, weil diese in einem Grabfeld ohne Gestaltungsvorschriften einer aufgezwungenen Grabgestaltung gleichkäme.

Über die Steinmetzwerkstatt (………) wurde dann mit Schreiben vom 06.05.2022 eine vermaßte Darstellung im Maßstab 1:10 vorgelegt, wonach die figürliche Darstellung eine Höhe von 1,30 cm aufweist und auf einem Muschelkalkstein mit einer Höhe von 25 cm befestigt ist. An der Farbgebung in den Farben Weiß, Gelb, Orange und Rot wurde festgehalten.

Die Gemeinde hat daraufhin den Sachverhalt nochmals geprüft und Ihnen mit Schreiben vom 17.08.2022 mitgeteilt, dass die figürliche Darstellung gegen den in § 15 der Friedhofssatzung geregelten allgemeinen Gestaltungsgrundsatz verstößt. Sie wurden darauf hingewiesen, dass figürliche Darstellungen auf dem Friedhof der Gemeinde Wallhausen das Maß von ca. 70 cm üblicherweise nicht überschreiten und der Eindruck des Grabmals aufgrund der grellen Farbgebung aufdringlich ist und schon beim Betreten des Friedhofs den Besucher*innen ins Auge sticht. Ihnen wurde weiter mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, die Beseitigungsverfügung vom 08.02.2022 dahingehend abzuändern, dass der Antrag auf Nachgenehmigung vom 06.05.2022 abgelehnt wird und die Beseitigung des Grabmals angeordnet wird. Im Rahmen des Ihnen bis zum 02.09.2022 gewährten rechtlichen Gehöhrs haben Sie mit E-Mail vom 31.08.2022 Stellung genommen und an Ihrer bisherigen Rechtsauffassung festgehalten. 

II. Rechtliche Würdigung

Die derzeitige Gestaltung der figürlichen Darstellung des Verstorbenen verstößt gegen den in § 15 der Friedhofssatzung der Gemeinde Wallhausen vom 19.05.2010 geregelten allgemeinen Gestaltungsgrundsatz, wonach Grabmale der Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage entsprechen müssen. Die Würde des Friedhofs wird durch die Art und Weise der Gestaltung dieses Grabmals nicht mehr gewahrt.

Gemäß  § 15 des Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesens (Bestattungsgesetz) können Friedhofsordnungen Bestimmungen enthalten, die nötig sind, um Verstorbene geordnet und würdig zu bestatten, zu ehren und die Ordnung auf dem Friedhof aufrecht zu-erhalten. § 15 der Friedhofssatzung der Gemeinde Wallhausen ist eine solche Regelung. Der dort geregelte allgemeine Gestaltungsgrundsatz gilt auch für das Reihengrab (Einzelgrab) Feld N, Grab-Nr.2.

Weitere besondere Gestaltungsvorschriften bestehen für dieses Grabfeld nicht, da es sich nicht um ein Grabfeld mit Gestaltungs-vorschriften im Sinne des § 16 der Friedhofssatzung handelt.

Die auf dem Grabfeld errichtet figürliche Darstellung wurde seitens der Gemeinde Wallhausen nicht gemäß § 17 der Friedhofssatzung genehmigt. Genehmigt wurde eine figürliche Darstellung mit einer Höhe von ca. 70 cm ohne besondere Farbgebung. Abweichend von dieser Genehmigung wurde eine ca. 1,30 cm hohe figürliche Darstellung in der Farbe Signalorange aufgestellt und zusätzlich ein Sockel mit einer Höhe von ca. 25 cm errichtet.

Die grelle Farbgebung und die Größe der figürlichen Darstellung haben zur Folge, dass dieses Grabmal sämtliche umliegenden Grabmale deutlich überragt und jedem Besucher des Friedhofs ins Auge sticht. Der Eindruck dieses Grabmals ist aufgrund seiner Gestaltung so aufdringlich, das sich andere Trauernde der Wirkung nicht entziehen können.

Die Würde des Friedhofs ist nicht mehr gewahrt, wenn sich ein Grabmal in die vorgegeben Struktur und Ordnung nicht einfügt. Üblich sind herkömmliche Grabsteine, die durchaus gestalterische Besonderheiten aufweisen dürfen; üblich sind auch figürliche Darstellungen, etwa von Marien- und Engelsfiguren, die das übliche Maß von 70 cm aber nicht überschreiten. Auch eine figürliche Darstellung des Verstorbenen widerspricht nicht grundsätzlich der Würde des Friedhofs.

Die Einhaltung der Würde des Friedhofs bedeutet aber zugleich, dass eine an die Örtlichkeiten angepasste Ästhetik einzuhalten ist und durch die Art und Weise der Gestaltung eines Grabmals andere Trauernde und Besucher des Friedhofs nicht in ihren Totengedenken gestört werden dürfen.

Die auffällige grelle Farbgebung und die Größe des Grabmals haben jedoch zur Folge, dass sich andere Trauernde und Besucher des Friedhofs provoziert fühlen können. Ein Friedhof muss aber ein Ort für alle Trauernden sein. Die besondere Würde des Ortes wird nur gewahrt, wenn bei Dritten keine Abwehrhaltung oder Ärger provoziert werden.

Die lebensechte Darstellung des Verstorbenen stellt dieses Grabmal aufgrund seiner Farbgebung und Größe gegenüber allen anderen Grabmalen auf dem Friedhof so deutlich heraus, dass die Trauergefühle Dritter hierdurch verletzt werden können. Ein weiterer Aspekt ist der Umstand, dass sich Friedhofsbesucher*innen durch das unverhältnismäßig große Abbild des Verstorbenen beobachtet und provoziert fühlen.

So ging bei der Gemeindeverwaltung am 07.01.2022 das Schreiben einer Trauernden ein, die zutreffend darauf hinweist, dass ein Friedhof ein Ort der Besinnung sein soll, an dem man zur Ruhe kommen kann. Durch Farbe, Größe und Ausrichtung des Grabmals fühlt sich die Trauernde massiv gestört.

Der Eindruck des Grabmals ist aufgrund der grellen Farbgebung aufdringlich und sticht schon beim Betreten des Friedhofs den Besucher*innen ins Auge. Die Grabstätte erhält mit dieser Skulptur eine auffällige Sonderstellung, die diese Grabstätte vor den anderen Grabstätten ausweist und dadurch die Würde des Friedhofs, die in gleicher Weise für alle Trauernden ein Ort der Besinnung und Trauer sein soll, nicht entspricht.

Auch der Gemeinderat der Gemeinde Wallhausen hat in einer Sitzung am 26.01.2022 den Sachverhalt ausführlich besprochen. Die Mehrheit des Gemeinderates wünscht die Entfernung dieser Figur, da diese in ihrer Gestaltung die Würde des Friedhofs verletzt.

Im Rahmen der erfolgten Anhörung am 20.01.2022, in einer weiteren schriftlichen Stellungnahme vom 22.01.2022, in der Widerspruchs-begründung vom 04.03.2022 und der weiteren Widerspruchs-begründung vom 12.03.2022 sowie im Rahmen der weiteren Anhörung im Schreiben vom 31.08.2022 vertreten Sie weiterhin die Auffassung, dass ein Verstoß gegen die Friedhofsordnung nicht vorliege und die Grabgestaltung nicht gegen die Würde des Friedhofs verstoße.

Die derzeitige Gestaltung der figürlichen Darstellung verstößt aber gegen den in § 15 der Friedhofssatzung niedergelegten allgemeinen Gestaltungsgrundsatz. Gemäß §§ 1,3 PolG I.V.m. § 15 der Friedhofssatzung sind Störungen der öffentlichen Sicherheit zu beseitigen. Die Unversehrtheit der objektiven Rechtsordnung, damit auch die Beachtung des § 15 der Friedhofssatzung, ist Schutzgut der öffentlichen Sicherheit. Gemäß § 3 PolG sind diejenigen Maßnahmen zu treffen, die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich sind, wobei gemäß § 5 PolG die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beein-trächtigenden Maßnahmen zu wählen sind.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde Ihnen in Aussicht gestellt, dass bei einer Absenkung des Natursteinsockels mit der Folge, dass das Grabmal mit Sockel maximal noch eine Höhe von 1,40 cm aufweist, und einer Beseitigung der gelb-orange-roten Signalfarbe und Ausführung der figürlichen Darstellung in einer gedeckten Farbgebung eine Nachtragsgenehmigung möglich ist. Sie haben aber auch in dem Nachtragsgenehmigungsantrag an der ursprünglichen Höhe festgehalten und in verschiedenen Schreiben verdeutlicht, dass es Ihnen unmöglich ist, die Farbgebung zu verändern.

Im Rahmen des der Gemeinde Wallhausen zustehenden Ermessens wird hiermit die Beseitigung des Grabmals verfügt. Bei dem Grabmal handelt es sich um die einzige Skulptur auf dem gesamten Friedhofs-gelände, die mit extrem auffälligen rot-orangen Signalfarben in besonderer Weise die Aufmerksamkeit der Friedhofsbesucher auf sich lenkt. Da Sie nicht bereit sind, die anstoßende Gestaltung durch Verkleinern und Wahl einer dezenten Farbgebung zu korrigieren, kommt als geeignete Maßnahme nur die Beseitigung der figürlichen Nachbildung des Verstorbenen insgesamt in Betracht.

Die Anordnung eine Veränderung der Farbgebung der Figur und die Vorgabe einer Höhenangabe wären nicht verhältnismäßig, da Ihnen im Rahmen der Satzungsvorgaben ein Gestaltungsspielraum verbleibt, den Sie in einem  neuen Genehmigungsverfahren ausschöpfen können und der durch eine konkrete Gestaltungsordnung eingeschränkt würde.

Die gesetzte Frist zur Beseitigung der Skulptur ist auch ausreichend bemessen. Um die erforderlichen Arbeiten durchführen zu können. Die angeordnete Beseitigung genügt demnach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Da Sie in dem Antrag auf Nachgenehmigung auf der bisherigen Farbgebung durch Signalfarben bestehen und auch an dem Aufbau des Grabmals mit einem 25 cm hohen Muschelkalkstein als Figurauflagestein und einer 1,30 cm hohen figürlichen Darstellung des Verstorbenen festhalten, wird auch der Antrag auf Nachgenehmigung abgelehnt.

 

Rechtsmittelbelehrung                                                               Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe durch Zustellung Widerspruch beim Bürgermeisteramt Wallhausen, Seestraße 2, 74599 Wallhausen oder beim Landratsamt Schwäbisch Hall, Ordnungs- und Straßenverkehrs-amt, Karl-Kurz-Straße 44, 74523 Schwäbisch Hall erheben.

Mit freundlichen Grüßen

Rita Behr-Martin                                                                                    Bürgermeisterin